The death marked concentration camp prisoner with the number 31933

Der Holocaust im Werk von David Ludwig Bloch

David Ludwig Bloch
Der vom Tod gezeichnete KZ-Häftling mit der Nummer 31933

um 1980/88, Öl auf Hartfaser
Dauerleihgabe der Bundesrepublik Deutschland

Als David Ludwig Bloch, geboren am 25. März 1910 im oberpfälzischen Floss, als Kind sein Gehör verliert und kurz darauf Vollwaise wird, sind dies zweifelsohne zwei schwere Schicksalsschläge. Doch damit nicht genug: Im November 1938 wird er wegen seiner jüdischen Herkunft von der Staatlichen Akademie für angewandte Kunst in München des Studiums verwiesen, verhaftet und ins Konzentrationslager Dachau gebracht. Allerdings konnte Bloch nach einer mehrwöchigen Leidenszeit gerettet werden und nach Shanghai flüchten. Dass er durchhielt und seinen Optimismus bewahren konnte, erklärt Bloch in einem Interview mit den Worten: „Ich war wehrlos, und doch fühlte ich mich nicht wehrlos, indem ich beobachtete, in Gedanken skizzierte und heimlich zeichnete. Darüber vergaß ich das Schicksal.“  Wirklich vergessen hat er dieses Schicksal selbstverständlich nicht. Im Gegenteil, Blochs künstlerisches Schaffen nach seiner Emigration 1949 in die USA dokumentiert, wie stark ihn der Holocaust bewegt hat. Bis zu seinem Tod im Jahr 2002 bildete dieser einen inhaltlichen Schwerpunkt seiner Kunst. Was er erlitten hat, wird beim Betrachten seiner Arbeiten nahezu spürbar. Sie sind von einer derartigen Direktheit, wie es das gesprochene Wort in aller Kürze kaum zu leisten vermag. Kurzum: Blochs Holocaust-Arbeiten „treffen“.

Das gilt ebenso für das hier vorgestellte Ölgemälde des KZ-Häftlings 31933, das seit 1988 als Dauerleihgabe des Bundes der Sammlung des Museums für Sepulkralkultur angehört. Es zeigt den kahlköpfigen Häftling – höchstwahrscheinlich ein Selbstbildnis Blochs –, auf dessen Sträflingshemd die genannte Nummer und der Judenstern deutlich zu sehen sind. Die Kombination aus gelbem und rotem Dreick stehen für sein Judentum (gelber Stern) und seinen zweiten Status als politischer Häftling (rotes Dreieck). Das Gesicht ist ohne Ausdruck, wirkt eingefallen. Die Augen sind geschlossen. Allerdings zeugt es von einer gewissen Lebendigkeit. Der wOberkörper unter dem aufgeknöpften Hemd ist als Gerippe sichtbar und lässt den bevorstehenden Tod vermuten. Dieser steht bereits höchstpersönlich hinter ihm, hat ihn lachend bei den Schultern gepackt. Dieses Lachen, aber auch der dem Knochenmann umgehängte Mantel legen nahe, dass es sich um einen Offizier oder sonstigen Wärter des Konzentrationslagers handelt. Indem er als Skelett dargestellt ist, stellt er die Personifikation des todbringenden Nazi-Regimes samt seiner vielfältigen Greueltaten dar.

Doch es sind nicht allein einzelne Bildmotive und Metaphern, die Betroffenheit auslösen. Es sind auch deren Arrangements und Farbgebungen. So kontrastiert Bloch in der Regel wenige Grundfarben mit den beiden Unfarben Schwarz/Grau und Weiss, die noch dazu das gesamte Bild dominieren. Ferner beschränkt er sich auf die Darstellung des Wesentlichen, so dass seine Arbeiten übersichtlich sind und ihre Wirkung nicht verfehlen können. Beispielsweise lässt der gelbe Leuchtkegel im Hintergrund die Silhouette jener Menschenmasse erahnen, die zusammen mit Häftling 31933 ein und dasselbe Schicksal teilen. David Ludwig Bloch verarbeitete seine Holocaust-Erlebnisse allerdings
nicht nur mittels Zeichnungen und Gemälden. Auch zahlreiche plastischeArbeiten nehmen Bezug auf sie, darunter die Abgüsse zweier ausgezehrter Körper, die in ihrer Mitte gekreuzt und aufgrund ihrer Formgebung ein Hakenkreuz ergeben. Beide Arbeiten sind typische Beispiele dafür, dass es Bloch nicht nur darum ging, das Leid der Verfolgten in den Vordergrund zu stellen, sondern die Anklage gegen jenes menschenverachtende Regime unter Verwendung symbolträchtiger Details (Hakenkreuz, Offiziersmantel, in anderen Arbeiten: Offiziersstiefel, Maschinengewehre, Stacheldrahtmauern) zu visualisieren.

Angesichts der Tatsache, dass David Ludwig Bloch den Großteil seines künstlerischen Werks dem Holocaust-Museum in Washington gestiftet hat, kann sich unser Museum glücklich schätzen, neben den beiden vorgestellten Sammlungsstücken einige weitere grafische Arbeiten des Künstlers zu besitzen. Dies ist nicht zuletzt der langjährigen Kustodin, Dr. Jutta Schuchard, zu verdanken, die sich schon vor vielen Jahren für den Erwerb von Bloch-Arbeiten eingesetzt hatte, zumal Blochs Status als zeitgenössischer Künstler seit Mitte der 1980er-Jahre enorm gestiegen war. Mehrere Ausstellungen über jüdische Kunst als Spiegel deutscher Kultur hatten daran einen großen Anteil.

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