Totenhochzeit mit Kranz und Krone Totenhochzeit mit Kranz und Krone
Totenhochzeit mit Kranz und Krone
© Museum für Sepulkralkultur, Kassel, Bildarchiv
Foto: Frank Hellwig

 

30. September 2007 – 2. März 2008

Zur Symbolik im Brauchtum des Ledigenbegräbnisses

Kronen und Kränze sind allseits bekannt: Herrscherkronen, Thorakronen, Erntekronen, Siegeskränze, Dichterkränze, Hochzeitskränze …

Doch wer kennt schon Totenkronen und Totenkränze? Sie entstammen einem alten Brauch: der so genannten Totenhochzeit. Die Totenhochzeit wurzelt im archaischen Denken der unverzichtbaren Weitergabe des Lebens, was in christlicher Zeit in die ‚himmlische Hochzeit’ mündete, sobald eine unverheiratet verstorbene Person bestattet wurde. Entsprechend widmete man ihr eine Totenkrone, mancherorts auch einen Kranz als Ersatz für die zu Lebzeiten nicht erhaltene Brautkrone. Und tatsächlich sahen die Totenkronen den Brautkronen oft zum Verwechseln ähnlich, vielfältig in der Form und bunt in der Gestaltung. So wird die Grenze zwischen Leben und Tod verwischt.

Die Vorstellung von einer nachtodlichen Vermählung zählt zu den geheimnisvollsten Erscheinungen im Bestattungsbrauchtum. Totenkronen, die sich seit dem 16. Jahrhundert erhalten haben, belegen, dass eine Vermählung der ledig Verstorbenen auch in der Neuzeit zu den gängigen Ritualen zählte. Noch in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden Totenkronen verwendet. Aber schon in den Jahrhunderten zuvor versuchten die Obrigkeiten, den ebenso abergläubischen wie kostspieligen Brauch durch Regulierungen und Verbote einzudämmen.

Der Totenkronenbrauch ist überregional belegt und war bei Protestanten wie Katholiken gleichermaßen üblich. Allerdings gab es in der Art der Ausübung regionale Unterschiede. So wurde dem Verstorbenen die Krone auf den Kopf gesetzt, in die Hand gegeben, auf einem Kissen vor dem Sarg hergetragen oder bis zur Grablegung darauf abgelegt. In Glaskästen und auf Konsolbrettern schmückten sie lange die Innenräume vieler Kirchen. Dass der Totenkronenbrauch gemeinhin jedoch im ausgehenden 19. Jahrhundert seinem Ende entgegensteuerte, ist in aller Regel äußeren Umständen geschuldet So wurden die Totenkronen von Geistlichen vielfach als ‚Staubfänger’ deklariert oder im Zuge von Renovierungen aus dem Kirchenraum verbannt – entsprechend schwand auch das Wissen um ihre Bedeutung. Und weil kaum jemand mehr um jene Totenkronen und -kränze weiß, will die Ausstellung diese besonderen volkstümlichen Zeugnisse der Totenhochzeit in erster Linie mit Exponaten aus Hessen, Südniedersachsen, Thüringen, Franken und der Mark Brandenburg zeigen. Neben Totenkronen, Kränzen und Archivalien werden auch Grafiken und Gemälde aus dem 16. Jahrhundert bis heute, eine Originalhandschrift von Fontane, Druckerzeugnisse von Goethe und Hölty und eine Orignalzeichnung von Heinrich Zille zu sehen sein.

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