Transmortale – New Research on Death Transmortale – New Research on Death
Transmortale – New Research on Death
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About the Transmortality

Organized by the working group transmortality X of the Museum for Sepulchral Culture and the University of Hamburg.

transmortality

New Research on Death

The topics of dying, death and mourning have increasingly become the focus of interdisciplinary research in recent years. Disciplines such as archaeology, ethnology or art history have always been concerned with graves and burial places. In the meantime, however, very different disciplines are interested in the change of mourning and burial culture, such as sociology, psychology, but also history and health sciences, cultural studies, gender studies and media studies.

Under the title transmortality, a workshop was held for the first time on February 6, 2010 at the University of Hamburg in order to link the many-sided and multi-layered research approaches to the topic of dying, death and mourning. The events transmortality II to IX have taken place in an expanded framework as a conference and workshop at the Museum for Sepulchral Culture in Kassel.

In 2017, there was an international conference in Luxembourg with Transmortality International, organized by the Research Project: Material Culture and Spaces of Remembrance. The transmortale is open to young scholars from the field of early career research (students in the final phase or PhD students), but also to postdocs and interested researchers.

Here the programs and proceedings of previous transmortale events can be viewed. A selection of contributions was published in: Moritz Buchner und Anna-Maria Götz (Hrsg.): transmortale. Sterben, Tod und Trauer in der neueren Forschung (Kasseler Studien zur Sepulkralkultur Band 22), Köln: Böhlau, 2016. The volume brings together a selection of transmortale-contributions from different disciplines such as history, art history, ethnology, cultural anthropology, sociology, theatre, film and music studies as well as cultural and media studies.

Transmortality XIII

Am Samstag, den 23. März 2024, findet die transmortale XIII statt, gemeinsam veranstaltet vom Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Hamburg und dem Museum/Zentralinstitut für Sepulkralkultur. Veranstaltungsort ist das Museum für Sepulkralkultur in Kassel, Weinbergstraße 25-27, 34117 Kassel.

Die Auseinandersetzung mit dem Tod begleitet die Menschheit seit Anbeginn ihrer Tage. Er ist ein Problem der Lebenden, und so weisen alle wissenschaftlichen For­sch­ungsbereiche, die sich mit dem (Zusammen-)Leben der Menschen befassen, auch Be­rüh­rungs­punkte zu Sterben und Tod, zu Abschied und Gedenken, zur Endlichkeit und zu den Ver­suchen auf, das Unvermeidliche zu bewältigen.

Die Themen Sterben, Tod und Trauer sind in den letzten Jahren in den Fokus der fächerübergreifenden Forschung gerückt. Disziplinen wie Archäologie, Ethnologie, Anthropologie oder Kunstgeschichte beschäftigen sich seit jeher mit Gräbern und Begräbnisplätzen. Inzwischen interessieren sich jedoch ganz unterschiedliche Disziplinen für den Wandel der Trauer- und Bestattungskultur, zum Beispiel die Soziologie, Psychologie, Geschichte, Medizin(-Ethik), Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Geschlechterforschung sowie Kultur- und Medienwissenschaften.

Der Workshop transmortale bietet eine Plattform für das Forschungsfeld Sterben, Tod und Trauer. Er richtet sich an junge Wissenschaftler:innen, die sich in der Ab­schluss­­phase einer Qualifikationsschrift befinden, aber auch an Postdocs und andere inter­es­sier­te For­schende. Ihnen wird die Möglichkeit gegeben, neue Perspektiven zu entwerfen und sie in größerer Runde zu dis­ku­tieren. Ziel ist eine inter­dis­ziplinäre Auseinandersetzung, die empirische und theo­re­­ti­sche An­sät­ze zusammenführt und einen intensiven Austausch eröffnet. Auf diese Weise können aktuelle Fragen und Ergebnisse interdisziplinär beleuchtet und inhaltliche Gemeinsamkeiten transdisziplinär zusammengeführt werden.

Die transmortale findet jährlich statt und wird 2024 zum dreizehnten Mal veranstaltet. Tagungssprache ist Deutsch, es sind aber auch englischsprachige Beiträge willkommen. Für Referierende werden die Kosten für maximal eine Übernachtung und die Verpflegung während der Tagung übernommen.

Programme

tba

Participation fee per day:

to be announced

Cancellation policy:

If you are unable to attend after registration, please notify us 7 days prior to the start of the conference. Otherwise we will have to charge you the full fee. You have the possibility to name a substitute participant free of charge at any time.

A project by

Study Group Cemetery and Monument (Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e. V. )
Central Institute and Museum for Sepulchral Culture, Kassel
Dr. Dirk Pörschmann, Dr. Dagmar Kuhle

University of Hamburg
Institute for Empirical Cultural Sciences
Prof. Dr. Norbert Fischer

Cooperation partners in Berlin
Dr. Moritz Buchner, Stephan Hadraschek M.A., Jan S. Möllers M.A.

Registration possible soon

Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e. V.

Telefon: 0 561 / 918 93 0

Fax: 0 561 / 918 93 10

Weinbergstraße 25-27
34117 Kassel

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>> Programme coming soon

Call for Papers 2024

Wenn Sie Interesse haben, Ihr Forschungsprojekt in einem Vortrag/einer Präsentation vorzustellen (max. 20 Minuten), senden Sie uns Ihren Themenvorschlag bitte bis zum 30. November 2023 (mit Abstract von max. einer Seite nebst Curriculum Vitae).

Wir sind gespannt auf Ihre Einreichungen!

Call for Papers

Frist: 30. November 2023

Cotribution to:

Ines Niedermeyer

Position: Secretariat

Telefon: 0561 918 93 40

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Report 2023

Auch in diesem Jahr wurden im Rahmen der Tagungsreihe transmortale wieder aktuelle Forschungsansätze zu den Themen Sterben, Tod und Trauer vorgestellt und interdisziplinär besprochen. Während der transmortale XII präsentierten Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen im Museum für Sepulkralkultur am ersten Tag thematisch offen ihre Forschungsansätze und am zweiten Tag auf das Thema Trost bezogen, das zu gleich Gegenstand der aktuellen Sonderausstellung ist. Dabei reichten die in den Beiträgen behandelten Zeiträume von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart und prognostisch in die Zukunft.

 

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Mit der Wirkung von Stille in der Hospizarbeit und Trauerbegleitung setzte sich DANIEL FELSCHER (Frankfurt an der Oder) auseinander. Auf Grundlage von Interviews mit Expert*innen der Hospizarbeit zeigte er auf, dass in der Sterbe- und Trauerbegleitung durch Reduktion verbaler Kommunikation eine Intensivierung der Selbstwahrnehmung sowohl auf Seiten der Begleiteten als auch auf Seiten der Begleitenden entstehen kann. Praktiken der Stille können zum Beispiel einfache Pausen der eigenen kommunikativen Mitteilung sein, oder stille Sitzwachen. Gerade in der Trauerbegleitung nach dem Tod komme Stille eine besondere Bedeutung zu, da zumeist Sprachlosigkeit per se das Potenzial zu verbaler Kommunikation entziehe. So zeichne sich eine Sterbe und Trauerbegleitung, in der das Sprechen und demzufolge auch das Hören von Worten reduziert ist, vor allem durch eine zugeneigte Haltung, das körperliche Spüren und ein innerlich vollzogenes Nachgehen aus, was letztlich die menschliche Begegnung intensiviere. Zuletzt traf Felscher in Bezug auf die These der Verdrängung des Todes die Aussage, dass durch die Sensibilisierung für Affekte der sterbende, trauernde oder begleitende Mensch stark in den Fokus rücke und dadurch weniger eine Verdrängung des Todes als vielmehr eine Öffnung gegenüber dem Tod stattfände.

Einblicke in ihre Masterarbeit zu Normbrüchen und Angeboten alternativer Normerfüllung im Umgang mit Sterbenden und Toten unter den Restriktionen in Zeiten der Corona-Pandemie gab MAXIMILIANE NIETZSCHMANN (Heidelberg). Die Geschichtswissenschaftlerin hatte dafür Berichte aus Zeitungen über den Umgang mit Sterbenden und Toten in Deutschland mit Berichten über den Umgang im vor allem europäischen Ausland verglichen. Die Ergebnisse zeigten, dass im Inland der Infektionsschutz im Sinne einer Prävention wichtiger als im Ausland empfunden wurde. So wurden Abschiedszeremonien z.T. verschoben, um sie nach dem zu erwartenden Ende der Restriktionen in uneingeschränktem Umfang stattfinden lassen zu können. Konträr dazu wurde im Ausland dem angemessenen Abschied mehr Bedeutung zugeschrieben. In der anschließenden Diskussion wurde u. a. die Frage gestellt, ob selbige Phänomene wohl auch am anderen Ende des Lebens – bei der Geburt – entdeckt werden könnten.

LENA STANGE (Oldenburg) gab Einblicke in ihre Promotion zum Einfluss von Vorstellungen von einem guten Sterben und Sterben auf die gesundheitliche Vorausplanung. Für Interviews von 18 Personen konnten mittels Auswertung durch inhaltsanalytische Identifikation der Leitmotive und ergänzende Metaphernanalyse im Vergleich von Vorstellungen vom Lebensende und der Vorausplanung in Form einer Patientenverfügung darin liegende Spannungsverhältnisse aufgedeckt werden. Vorausplanungen werden als wichtige Gestaltungsmöglichkeit gesehen, zugleich aber wegen Unwissenheit, Gleichgültigkeit oder der Zuordnung des Todes in den Lebensabend häufig nicht umgesetzt. Resümierend formulierte Stange das Ziel, Wertvorstellungen und Wünsche, die das Erstellen einer Vorausverfügung motivieren, medizinethisch zu bedenken und gesundheitspolitisch umzusetzen. In der anschließenden Diskussion wurde festgestellt, dass die Bestattungsthematik in der Vorausverfügung nicht berücksichtigt wird, weil sie kein Teil der gesundheitlichen Versorgung ist und der Mensch nach seinem Tod dem Versiche rungsverhältnis entfällt.

Ebenfalls mit persönlichen Bildern vom Sterben und Tod setzte sich LESTER GERDUNG (Heidelberg) im Rahmen seiner Promotion auseinander. Konträr zur These der Verdrängung des Todes statuierte er vielmehr eine Verschiebung in mediale Darstellungsdimensionen. In beispielsweise Film, Videospielen oder Literatur sei die Begegnung mit der Endlichkeit in einem sicheren Handlungsrahmen möglich, da der Tod revidierbar und unpersönlich bleibe. Zudem würden in der medialen Behandlung von Sterben und Tod gesellschaftliche Werte eingehalten oder wiederhergestellt. Letztlich übernehme der Mensch die dort vermittelten Vorstellungen und greife auf sie in Alltagserfahrungen
zurück. Jedoch sei das Potenzial zur Bewältigung eigener Erfahrungen gedämpft, da sie durch die ästhetische Darstellung überlagert würden. Zudem sei bei Nutzer*innen
kaum ein Bewusstsein dafür vorhanden, dass das Sterben und der Tod bereits sehr oft medial dargestellt werde. Dies ließe sich den Interviews entnehmen, in denen vielfach die Forderung oder der Wunsch nach einem häufigeren Aufgreifen dieser Themen geäußert wurde.

Der Kunstkritiker DAVID LILLINGTON (London, Großbritannien) setzt sich in seiner laufenden Forschung mit dem Thema der Wehklage (engl.: Lamentation) in der Videokunst von Elisabeth Price auseinander. In ihren Videos bearbeitet sie verschiedene gesellschaftspolitische Themen, wobei im immer wiederkehrenden Motiv des Chores durch Gesänge oder stille Tänze der Wehklage Ausdruck verliehen wird. In den collageartigen Videos mit starken Kontrasten in Tönen, Farben und Bildern schwingen auch die Themen Tod, Sterben und Trauer stetig mit. Lillington betonte, dass die Wehklage in der Videokunst von Price überall, in allen gewählten Darstellungsformen verkörpert werde, denn so, wie der Mensch ein Kulturwesen sei, könne Wehklage, die im Gegensatz zu „Grief“ öffentlich ist, in allen Äußerungen gezeigt werden.

Zu Struktur und Funktionen von Begräbnisgedichten in der Frühen Neuzeit gab ESTHER PREIS (Berlin) Einblick. Gemeint sind Gedichte, die im Rahmen von Begräbnisfeierlichkeiten von Redner*innen oder Familienmitgliedern vorgetragen wurden. Neben dem Nachruf auf die verstorbene Person dienten sie vor allem als Traueranleitung für Hinterbliebene. Dahingehend sind sie strukturell dreigliedrig aufgebaut. Affekterregend werden der Schmerz um den Verlust, die Trauer und Ratlosigkeit benannt. Affektstillend wird auf den göttlichen Plan hingewiesen, um die Ratlosigkeit in ihrer Schwere zu mindern. Zuletzt appellieren die Texte ratgebend, Gottes Willen zu folgen und die eigene Trauer zeitnah einzustellen. Zeitlichkeit und Intensität von Trauer seien im theologischen Kontext der Zeit zu sehen. So galt anhaltende Trauer als maßlos, weil sie Zeichen des Zweifels am göttlichen Plan sei. Zudem hätte in der Normierung eine gesellschaftliche Kontrollfunktion gelegen, die der Produktionssteigerung im Kontext beruflicher und gesellschaftlicher Pflichten diente.

KATARZYNA WONIAK (Halle an der Saale) untersuchte Tagebücher und Briefe, die von Menschen unter dem deutschen Besatzungssystem in Polen zwischen 1939 und 1945 entstanden und machte auf die Korrelation von Trost und Todesangst aufmerksam. Wenngleich Trost Leid nicht auflösen könne, sei er doch Gegenmittel zur Melancholie und somit als, so Woniak, „lebensrettende Illusion“ zu verstehen. Insbesondere in Kriegszeiten, wenn in akuten Situationen die Todesangst sehr klar und die Todesfurcht durch die stetige Erinnerung an die zeitliche Begrenztheit des eigenen Daseins empfunden wurde, sei Trost eine temporäre Ablenkung. Zuweilen habe sogar der Tod selbst als Trostspender gegolten. Auch das Schreiben der Tagebücher sei eine Trosthandlung, wobei Selbsttrost von Fremdtrost zu differenzieren sei. Weiterhin werde Trost erst durch die Konfrontation mit der eigenen Sterblichkeit wirksam.

Ambivalenzen der Tröstlichkeit zwischen Möglichkeiten und Herausforderungen postmortaler Existenz stellte MATTHIAS MEITZLER (Tübingen) anhand drei empirischer Kontexte vor. Die Bestattung auf einem Friedhof sei in erster Linie tröstlich, da durch die Gestaltung des Grabes Erinnerungen und eine gewisse Wiederpräsenz der verstorbenen Person gepflegt würden. Zugleich könne der Friedhof auch als trostlos empfunden werden, da Vorschriften zum Teil das Handeln einschränkten. Autonome Formen der Trauer, wie das Unterbringen der Asche im heimischen Wohnraum oder in einem Amulett seien vor allem durch die symbolische Nähe und Präsenz der verstorbenen Person tröstlich. Jedoch gehe mit dem Besitz viel Verantwortung einher und insbesondere ein Verlust werde als „worst case“ empfunden. Die postmortale Existenz im digitalen Raum sei durch tatsächliche Sichtbarmachung der verstorbenen Person tröstlich. Hierbei bliebe aber noch offen, ob künstliche Intelligenzen ohne menschliche Empathie und emotionale Intelligenz tatsächlich tröstlich sein können.

Dass zwischen dem Lebensende und dem Ende einer Liebesbeziehung strukturelle Verbindungslinien zu entdecken sind, zeigte THORSTEN BENKEL (Passau) auf. Wenngleich die Soziologie Trauer am Beziehungsende noch nicht ausführlich untersucht habe, könne sie doch verglichen werden mit der Trauer am Lebensende. In beiden Fällen werde der Untergang der sozialen Beziehung betrauert. Insbesondere im 19. Jahrhundert wurden in einer starken Romantisierung der Liebe das Beziehungs- und Lebensende stark miteinander verknüpft. So folgte der Idee, den einen Menschen fürs Leben zu finden, die Konsequenz, mit dessen Verlust auch das eigene Leben zu beenden. Bis in die Gegenwart findet sich dieses Motiv wieder, wobei es heute weniger als heroisch als vielmehr als toxisch eingeordnet wird. Stattdessen gelte als guter
Mensch, wer nach einem Beziehungsende tröste, zumal es den solidarischen Trost brauche, da nicht allein geliebt wurde, somit auch Heilung nicht allein gelingen könne.

Eine These über die zukünftige Entwicklung von Trost stellte MELANIE PIERBURG (Hildesheim) vor. Während es auch Simmels Form des Trostes als Aufhebung des Leides am Leid noch immer gebe, scheine die ressourcenorientierte Trauerpraktik präsenter zu werden. Durch Subjektivierung und Individualisierung in der (Spät-)Moderne rücke der einzelne Mensch mehr in den Fokus, was konträr dem zugewandten Charakter des Trostes sei. Auf der Suche nach Trostformen der Gegenwart wurde Pierburg am Beispiel der Serie „Queereye“ fündig. Darin werden Ästhetisierungspraktiken von Menschen hinsichtlich des Kleidungsstils, ihrer Wohnorte und Lebensweisen zur Förderung der Selbstfürsorge gezeigt. Dabei handle es sich weniger um Trost als um die Aktivierung zur Selbstliebe, was Pierburg zur Frage motivierte, ob es sich im Sinne des Doing Selflove um eine neue Form und Funktion des Trostes handeln könne.

Trösten als Gefühlsarbeit nach Anselm Strauss stellte EKKEHARD COENEN (Weimar) anhand einzelner empirischer Beispiele aus dem Bestattungswesen vor. Trost sei ein wechselseitiges Wirkhandeln zwischen Bedürftigen und Gebenden, wobei Bestatter*innen eine besondere Rolle zukomme. Als Ansprechpartner*innen der Todesverwaltung erschaffen sie den Rahmen für Gefühlsarbeit. Dabei bestehe immer eine gewisse Gefahr der Orchestrierung, auch durch andere Death Entrepreneurs, da verschiedene Stakeholder beziehungsweise Professionen unterschiedlichen Ansprüchen zu entsprechen haben und zugleich immer auch eigene Vorstellungen mit einfließen. So lande der Trost im Zentrum unterschiedlicher Perspektiven. Kollektiv werde die Legitimation desselben in Aushandlungsprozessen zwischen Akteur*innen, die bestehende, und Innovateur*innen, die neue Trostformen wollen, ausgehandelt. Die anschließende Diskussion wurde mit Erfahrungsberichten praktizierender Bestatter angereichert, in denen deutlich wurde, dass auch Fachkräfte selbst Gefühlsarbeit zu leisten haben.

Eine soziologische Einordnung des Phänomens Trost nahm URSULA ENGELFRIED RAVE (Koblenz) unter dem Fokus der Trauer vor. Formen des Trostes können verschiedenartig sein. Basal habe Trost einen solidarischen Aspekt, in dem er der trostsuchenden Person anzeige, nicht allein zu sein. Religiös normiert ist Trösten als Barmherzigkeit und somit Auftrag katholischer Christen. Arbeitsgebiete der Seelsorge sowie säkulare Arbeitsfelder wie Trauerberatung, -begleitung oder auch Trauerredner*innen bildeten eine weitere Form des institutionalisierten Trostes. Engelfried Rave ging auf mediale Formen des Trostes wie Trauerforen und Trostbücher ein und zuletzt auf den trostlosen Trost. Letzterer sei auf Unsicherheiten und Unwissen der Trostspendenden in einer affektreduzierten Gesellschaft zurückzuführen. Zugleich sei der trostbedürftige Mensch in Reaktion auf Verlusterfahrungen oder auf existenzielle Erfahrungen darauf angewiesen, dass eine andere Person die Bedürftigkeit erkenne und
entsprechend handle. Jedoch gebe es auch Selbsttrost in Form individuell gewählter Verarbeitung.

Beginnend mit dem Zitat eines trauernden Kindes, ob sein Bruder, dessen Beerdigung im Winter anstand, auf dem Friedhof nicht frieren würde, machte MIRIAM SITTER (Hannover) auf die notwendige Differenzierung zwischen Trost und Vertrösten aufmerksam. Auf Basis des Handlungskonzeptes der gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg benannte Sitter die Empathie als Unterscheidungsmoment. Diese zeichne sich durch friedvolles, wohlwollendes Zuhören und Sprechen ohne Absicht aus. Es gehe um das Einnehmen der Perspektive der trostsuchenden Person, wobei die vermuteten Bedürfnisse in den Fokus gerückt und als Mangel identifiziert werden. Dies könne gelingen, da unterschiedliche Menschen gleiche Bedürfnisse wie Sicherheit, Zuspruch oder Geborgenheit haben. Weiter wurden Körperlichkeit, Atmosphäre und Räumlichkeit als zentrale Aspekte emphatischen Trostes angeführt.

Mit fruchtbaren Einblicken in Formen und Funktionen von Trost im Kontext von existenziellen Erfahrungen und Verlusterfahrungen endete die Tagung für alle Teilnehmen den reich an Eindrücken. Im Austausch der Tagungsteilnehmer*innen wurde während der gesamten transmortale XII immer wieder der Frage nach ‚richtigem‘ Trösten und Trost nachgegangen. In einer individualisierten Gesellschaft scheine es neue Formen des Trostes zu brauchen, nicht zuletzt, weil kaum noch auf verbindliche Deutungsmuster zurückgegriffen werden könne. Gerade aber, weil, wie schon Simmel formulierte, der Mensch ein trostsuchendes Wesen ist, brauche es auch funktionale Formen des Trostes,
um das Leiden am Leid aufheben zu können.

Clara Schuppan

Clara Schuppan absolvierte ein Bachelorstudium der Soziologie in Dresden. Gegenwärtig studiert sie den Master Palliativ Care an der Fachhochschule in Münster.

Der Tagungsbericht wurde auf der Plattform H SozKult – Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften veröffentlicht.
Link: www.hsozkult.de

 
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