Der Zizenhausener Totentanz (3 Leitmotive und 39 Totentanz-Paare)
Anton Sohn und Nachfahren (DE, 1769–1840)
hergestellt ab 1822; Terrakotta, Ölfarbe, Papier
Bei dieser Figurenreihe handelt es sich um eine der extrem seltenen vollständigen Serien des Zizenhausener Totentanzes, der sich aus farbig gefassten Terrakotta-Figuren zusammensetzt und erstmals 1822/23 von dem in Zizenhausen bei Stockach tätigen Anton Sohn (1769–1841) geschaffen wurde. Bei 39 der insgesamt 42 Plastiken handelt es sich um Figurenpaare mit personifiziertem Tod und je einer Person, welche als Vertreter*in der mittelalterlichen Ständeordnung in Erscheinung tritt: Papst, Kaiser, Kaiserin, König, Königin, Kardinal, Bischof, Edelmann, Edelfrau, Graf, Gräfin, Ritter, Count, Jurist, Senator, Sheriff, Abt, Äbtissin, Chorherr, Arzt, Gerichtsvollzieher, Herold, Schultheiss, Krämer, Jüngling, Jungfrau, Kirbepfeiffer, Krüppel, Wucherer, Einsiedler, Narr, Blinder, Heide, Heidin, Jude, Koch, Maler, Frau des Malers. Drei Figuren weisen hingegen nicht den Tod, sondern christlich-abendländische Leitmotive wie Adam und Eva, eine Beinhaus- sowie eine Predigerszene auf. Die Sockel sind mit Papierstreifen beklebt, welche mit in Versform gehaltenen Dialogen zwischen den Dargestellten bzw. mit mahnenden Botschaften bedruckt sind. Die Texte der hier gezeigten Serie sind in englischer Sprache wiedergegeben. Englisch- und ebenso französischsprachige Fassungen erschienen neben der originalen, deutschsprachigen ab etwa 1835, was auf das gestiegene Interesse an touristischen Reisen zurückzuführen ist.
Ikonografisch markant ist, dass die Personifikation des Todes weniger auf der Darstellung eines Skeletts beruht, sondern auf einer ausgemergelten Todesgestalt, deren Körper noch immer mit Haut überzogen ist. Die Knochen treten jedoch deutlich hervor, zudem zeigt sie vereinzelt eine offene Bauchdecke. Der Tod wirkt hochdynamisch, was nicht zuletzt daher rührt, dass er vereinzelt verschiedene Musikinstrumente mit sich führt (z. B. Flöte, Trommel, Laute) als Verweis darauf, dass er zum Tanz aufspielt und damit das irdische Ende seiner Tanzpartner*innen besiegelt.
weiterlesen
Vorlage für die Figuren und deren Bemalung bildete eine kolorierte Folge der berühmten Radierung Matthäus Merians d. Ä. des Baseler Totentanzes. Diese wiederum geht auf eine um 1440 entstandene, etwa zwei Meter hohe und etwa 60 Meter lange Wandmalerei an der Friedhofsmauer des Predigerklosters in Basel zurück. Dieser monumentale Totentanz wurde um 1805 aufgrund seines desolaten Zustandes zerstört.
Dafür, dass das Interesse an ihm noch danach groß gewesen sein muss, können die Zizenhausener Figuren als Beleg gelten. En miniature vermitteln sie dessen Botschaft ebenso farbenfroh wie anschaulich: Geistliche oder weltliche Macht und auch Reichtum nützen im Angesicht des Todes nichts, denn der Tod macht alle gleich – niemand kann ihm entkommen.
Auch bei heutiger Betrachtung erschließt sich diese Botschaft unmittelbar, wenngleich jene Macht- und Sozialstrukturen, wie sie die Figuren skizzieren, systemisch heutigen Verhältnissen nicht mehr in gleicher Weise entsprechen. Auffällig aber ist, dass jene traditionellen Totentanzdarstellungen, die stets den Querschnitt durch die Gesellschaft zu erfassen und darzustellen versuchten, letztlich Zeugnis liefern von Klischees und Stereotypen, wie sie bisweilen auch noch bis in die Gegenwart existieren. Die ikonografisch vermittelten Pauschalierungen müssen im Kontext ihrer jeweiligen Zeit und ihrer Verhältnisse gesehen werden. Entsprechend ist die museale Präsentation dieser Figurenserie keinesfalls an die Absicht geknüpft, einseitige und hierbei negativ konnotierte wie diffamierende Wertungen im Hinblick auf bestimmte Personen-, Berufs- oder auch Kulturgruppen befürworten und propagieren zu wollen. Dies betrifft in besonderer Weise die Figurenpaare "Tod und Jude" sowie "Tod und Heide". Hier sind es spezifische ikonografische Details, die ihre Identifizierbarkeit für die mittelalterliche und neuzeitliche Rezeptionsgesellschaft – wie bei allen Standesvertreter*innen – gewährleisten sollten, die aber langfristig zu einer gesellschaftlichen Verfestigung – etwa negativer Mentalitätszuschreibungen – beigetragen und deren Weitertradierung gefördert haben. Daneben stößt man beim Blick auf die Textstreifen unter anderem auf personelle Begriffsbezeichnungen (z.B. "Tod und Krüppel"), die den seinerzeit üblichen Sprachgebrauch und die damit gültige Sprachkultur repräsentieren, die nunmehr aber längst überholt sind. Gerade im Umgang mit anderen Menschen und Personengruppen gilt die Notwendigkeit einer wertfreien Ansprache und Bezeichnung, um etwaigen Pauschalierungen – sei es in Bezug auf Aussehen, körperliche Verfassung, Abstammung, kulturelle Zugehörigkeit, Charakter, Gewohnheiten etc. – entgegenzuwirken und damit Ausgrenzungen und Diffamierungen vorzubeugen.
Wer Interesse an der Forschung rund um dieses einzigartige Stück hat, wird in vielerlei Fachliteratur und auch in unserem Katalog "Auf Tod komm raus" fündig.
The preacher speaks Dan. XII. 23.
And many of them that sleep in the dust of
the earth shall awake. Some to everlasting life,
and some to shame and everlasting contempt.
And they that, be wise shall shine as the bright-
ness of the firmament, and they that turn many
to rigtheousness, as the stars for ever and ever.
Der Prediger spricht Danielis am 12. Capitel.
VIel auß den / die im staub der ErdenSchlaffen / die sollen wider werden
Erwachen: ein theil ewig leben/
Dem andern theil dem wird er geben
Ein hart Vrtheil zur ewigen Schmoch:
Die muessen aber kommen hoch/
Welch haben andere bericht fein/
Werden glantz‘n / wie des Himmels schein:
Diese aber werden geprysen/
So die Meng zur Frombkeit gewisen/
Scheinen wie Stern am Firmament/
Werden seyn ewiglich ohn end.
O man be wise, do not despise
Hier this figure, of every creature
Death will take, soon or late,
Like the flowers, in the field does fade.
O Mensch betracht
Vnd nicht veracht
Hie die Figur All Creatur
Die nimpt der Todt
Frueh vnd spot
Gleich wie die Bluom
Im Feld zergoht.
Death to the Pope.
Come holy father dear to me,
A prime dance you may have you see.
Indulgences help's you not away
Nor cross nor triple crown I say.
Answer of the Pope.
Holy was I call'd upon earth,
God excepted had I the highest worth,
The indulgences greatty rewarded me
Now death w'ont spare me as you sce.
Todt zum Bapst:
KOmm heiliger Vatter werther Mann/
Ein Vortantz mueßt jhr mit mir han:
Der Ablaß euch nicht hilfft darvon/
Das zweyfach Creutz vnd dreyfach kron.
Antwort:
HEilig war ich auff Erd genandt/
Ohn Gott der hoechst fuehrt ich mein Standt:
Der Ablaß thet mir gar wol lohnen/
Nun will der Todt mein nicht verschonen.
Death to the Emperor
Sire emperor with your gray beard,
Your repentance, you have to long spared
Therefore d'ont resist, you must away
And dance after the tune my whistle does play.
Answer of the Emperor.
My empire I could very well encrease
To fight and defend against wrong with ease.
Now death has intirely conquered me
That I am no more like an emperor, you sec.
Todt zum Keyser.
HErr Keyser mit dem Grawen Bart/
Euwr Reuw habt jhr zu lang gespart/
Drumb sperrt Euch nicht/ jhr mueßt darvon/
Vnd tantz‘n nach meiner Pfeiffen thon.
Der Keyser.
ICh kundte das Reich gar wol mehren
Mit Streitten / Fechten / Vnrecht wehren:
Nun hat der Todt vberwunden mich/
Daß ich bin keinem Keyser gleich.
Death to the Emperess.
I dance to you, lady emperess fine,
Leap after me, the dance is mine,
Of your courtiers you are forsaken,
And by death you are, overtaken.
Answer of the Emperess.
My body had much luxurious pride,
I lived as a hight emperor's wife.
Now I am forced to this dance,
All mirth and spirit goes at once.
ICh tantz euch vor Fraw Keyserin/
Springen hernach der Tantz ist mein:
Euwr Hofleut sind von Euch gewichen/
Der Todt hat euch hie auch erschlichen.
Die Keyserin.
VIel Wolluest hat mein stoltzer Leib/
Ich lebt alß eines Keysers Weib:
Nun muß ich an diesen Tantz kommen/
Mir ist all Muth vnd Frewd genommen.
Death to the King.
Sire king, your power has an end,
I lead you now, here by my hand,
To this meager brother's dance,
There one gives you the death's garland.
Answer of the King.
I have lived in great power,
And strove ever, for great honour
Now I am in death's bands.
Much entangled in his hands.
Todt zum Koenig.
HErr Koenig Ewr G‘walt hat ein Endt/Ich fuehr euch hie bey meiner Hendt
An diesen duerren Brueder tantz/
Da gibt man euch des Todes krantz.
Der Koenig.
ICh hab gewaltiglich gelebt/
Vnd in hohen Ehren geschwebt:
Nun bin ich in des Todtes banden/
Verstricket sehr in seinen handen.
Death to the Queen.
Lady queen, your joy is out,
Leap with me to the charnel house,
No beauty helps you neither cash non gold,
I jump with you in the other world.
Answer of the Queen.
O woe! o ah! o woe! and ever,
Where tarry now my gentel women,
On whom, I had my greatest taste,
O death do gently with me not haste.
Todt zur Koenigin.
FRaw Koenigin Euwr Frewd ist auß/
Springen mit mir ins Todtenhauß/
Euch hilfft kein Schoene / Gold noch Gelt/
Ich spring mit euch in jene Welt.
Die Koenigin.
0 Weh vnd ach / 0 weh vnd jmmer/
Wo ist jetzund mein Frawenzimmer/
Mit denen ich hatt Frewden viel:
0 Todt thu g’mach / mit mir nicht yl.
Death to the Cardinal.
Jump up with you red suit,
Sir cardinal the dance is good,
To the layman you did much blessings bestow,
You must now too, come to this row.
Answer of the Cardinal.
I was by election, of the pope,
Cardinal of the holy church,
The world in great honour held me,
Still against death, I cant defend me.
Todt zum Cardinal.
SPringen auff mit dem roten Huot/
Herr Cardinal/der Tantz ist gut:
Wol gesegnet habt jhr die Leyen/
Ihr mueßt auch jetzund an den Reyen.
Der Cardinal.
ICh ware mit Baepstlicher Wahl
Der Heiligen Kirchen Cardinal:
Die Welt hielt mich in grossen Ehren/
Noch mag ich michs Todts nicht erwehren.
Death to the Bishop.
Your dignity away has turn'd,
Lord bishop, wise and well learn'd!
I will draw you in to this row,
And you will not escape your foe.
Answer of the Bishop.
I have been highly esteemed,
Was well in bishop's order deemid;
Now draw me the unshap'd
To their dance like an ape.
Todt zum Bischoff.
EVwer Wirde hat sich verkehrt/
Herr Bisckoff weiß vnd wolgelehrt:
Ich will euch in den Reyen ziehen/
Ihr moegen dem Todt nicht entfliehen.
Der Bischoff.
ICh bin gar hoch geachtet worden/
Dieweil ich lebt in Bischoffs Orden:
Nun ziehen mich die vngeschaffnen
An jhren Tantz/alß einen Affen.
Death to the Duke.
Have you leap'd with ladies well dressd.
Proud duke, you have had good success,
This you must amend at the row,
Wecome, to greet death below.
Answer of the Duke.
O murder! must thus haste away,
Leave, land, wife, child behind you say,
God in thy kingdom, have mercy on me,
I shall now resemble my dancer you see.
Todt zum Hertzog.
HAbt jhr mit Frawen hoch gesprungen/
Stoltzer Hertzog ists euch wolg‘lungen:
Das mueßt jhr an den Reyen buessen/
Wol her g‘lust Euch die Tod‘n zu gruessen.
Der Hertzog.
0 Mordt muß ich so flur darvon/
Landt/Leut/ Weib Kind dahinden lon:
So erbarm sich Gott in seim Reich/
Jetzund werd ich meim Tentzer gleich.
Death to the Dutchess.
Lady dutchess be good cheerd!
Though you are of noble breed,
High esteem'd upon this earth,
To me you are dear and worth.
Answer of the Dutchess.
Ah god! the poor sound of the lute,
Must I with this horrid man dispute,
Dutchess to day now no more so,
O anguish, o grief! o woe, woe
Todt zur Hertzogin:
FRaw Hertzogin sind wolgemut/
Ob jhr schon sind vom Edlen Blut/
Hochgeachtet auff dieser Erdt/
Hab ich euch dennoch lieb vnd werth.
Die Hertzogin.
ACh Gott der armen Lauten thon/
Muß ich mit dem Grewling darvon/
Heut Hertzogin vnd nimmermeh/
Ach angst vnd noth/ o weh o weh.
Death to the Count.
Lord count give me the messengers fee,
Bitter death draw's you away you see;
Do not repine at your wife child and cattle,
You must dance now with this rabble.
Answer of the Count.
In this world I was well renound,
And even cal'd a noble count;
Now am I stain by death at once,
And placed here in to his dance.
Todt zum Graffen:
HErr Graff gebt mir das Bottenbrot/
Es zeucht euch hin der bitter Todt:
Laßt euch nicht rewen Weib vnd Kindt/
Ihr mueßt tantzen mit diesem G‘sindt.
Der Graff.
IN dieser Welt war ich bekannt/
Darzu ein Edler Graff genannt:
Nun bin ich von dem Todt gefellt/
Vnd her an diesen Tantz gestellt.
Death to the Abbot.
Sir abbot I draw you the mitre off,
Therefore, no more you want your staff;
Have you a good pastor been,
You are the glory of your flock I mean.
Answer of the Abbot.
To an abbot my self I raised,
And lived in honour and was praised,
Th'o nobody cposed me,
Still, equal now to death I bee.
Todt zum Apt.
HErr Apt ich zieh euch die Yflen ab/
Deshalb nutzt euch nicht mehr der Stab:
Sind jhr g‘wesen ein guter Hirt
Hie euwrer Schaff/ die Ehr euch wird.
Der Apt.
ICh hab mich alß ein Apt erhebt/
Vnd lang in hohen Ehren g’lebt:
Auch satzt sich niemandt wider mich/
Dennoch bin ich dem Todt geleich.
Death to the Knight.
Lord knight you are written down,
Knighthood you must carry on,
With death and his rabble,
It hetps neither fighting n'or battle.
Answer of the Knight.
I as a good and severe knight,
Have served this word with honour and might,
Now am I against knighthoodslaw,
Forced to this dance, o woe!
Todt zum Ritter.
HErr Ritter jhr sind angeschrieben/
Ritterschafft die muessen jhr treiben/
Mit dem Tode vnd seinen Knechten/
Es hilfft weder streitten noch fechten.
Der Ritter.
ICh alß ein strenger Ritter gut
Hab der Welt dient mit hohem Muth:
Nun bin ich wider Ritters Orden
An diesen Tantz gezwungen worden.
Death to the Lawyer.
No fund helps here n'or to court,
Neither delay nor appeal,
Death forces all gender,
Both church and civil law defnnder.
Answer of the Lawyer.
From god all laws are given us,
As one will easy find in books.
No lawyer them shall bend,
Hate the lies and truth defend.
Todt zum Juristen.
ES hilfft da kein fund noch hoffieren/
Kein Auffzug/ oder Appellieren:
Der Todt zwingt alle Geschlecht/
Darzu Geistlich vnd Weltlich Recht.
Der Jurist.
VOn Gott all Recht gegeben sindt/
Wie man die in den Buechern findt:
Kein Jurist soll dieselbig biegen/
Die Lug hassen/die Warheit lieben.
Death to the Senator.
Have you been of the town a lord,
Who in the senate had his worth
Have you well adwised is good for you
Your hat now drawing off I do.
Answer of the Senator.
I have endeavoured day and night
That the best of the common considered be might,
Searcht the glory and profit of poor and rich,
What I fancied be good for majority I wishid.
Todt zum Rathsherren.
SInd jhr ein Herr g‘wesen der Statt/
Den man im Rhat gebrauchet hatt:
Habt jhrs wol g‘rhaten/ ists Euch gut/
Wird Euch auch abziehen den Huot.
Der Rahtsherr:
ICh hab mich g‘flissen Tag vnd Nacht/
Daß der Ghmein Nutz werd betracht:
Sucht Reich vnd Armer Nutz vnd Ehr/
Was mich gut dunckt / macht ich das Mehr.
Death to the Canon.
Sir quire monk have you been singing
Much sweet song, in your choir
Hear now the sound of the pipe
Announces your for death be ripe.
Answer of the Canon.
I sung as a canon free
Of voices many of melody,
The pipe of death not equal bee,
There fore so much it frightned me.
Todt zum Chorherren.
HErr Chorpfaff habt jhr g‘sungen vor
Viel sueß Gesang in euwerm Chor:
So mercken auff der Pfeiffen Schall/
Verkuendet euch des Todes fall.
Der Chorherr:
ICh sange alß ein Chorherr frey
Von Stimmen manche Melodey/
Des Todes Pfeiff doent dem vnglych/
Sie hat so sehr erschrecket mich.
Death to the Doctor.
Sir doctor behold the anatomy
If it bee well done on me,
Many one where dispachid by thee,
Who even now resembles me.
Answer of the Doctor.
I have with my viewing the water
Helped both mother and father;
Who views now my water pray?
As I must now with death away.
Todt zum Doctor.
HErr Doctor b‘schawt die Anatomey
An mir/ ob sie recht g‘machet sey:
Dann du hast manchen auch hing‘richt/
Der eben gleich/ wie ich jetzt sicht.
Der Doctor.
ICh hab mit meinem Wasser bschawen
Geholffen beyde Mann vnd Frawen:
Wer b‘schawt mir nun das Wasser myn/
Ich muß jetzt mit dem Todt dahin.
Death to the Nobleman.
Come here now vou noble sword,
Manhood to attend upon my word,
With death who has no regard,
Bless you this is your reward.
Answer of the Nobleman.
I have frightned, many a chap,
Who was covered with an iron cap;
Now furious death fight's with me,
And brings me in greal need you see.
Todt zum Edelman.
NVn kommet her jhr Edler Degen/
Jhr muesset hie der Mannheit pflegen:
Mit dem Todt/ der niemandt verschont/
Gesegnet euch/ so wird euch g‘lont.
Der Edelman.
ICh hab gar manchen Mann erschreckt/
Der mit dem Harnisch war bedeckt:
Nun ficht mit mir der grimme Todt/
Vnd bringt mich gar in grosse noth.
Death to the Lady.
Noble lady let your planting,
Here with death you must be dancing;
I don't spare your yello hair,
What see you in the miror fair?
Answer of the Lady.
O trouble! o grief! what happend to me?
For truly death in the miror I see;
His horrid shape, thus frightned me,
That the heart in my body cold will be.
Todt zur Edelfrawen.
VOm Adel Fraw laßt euwer pflantzen/
Jhr muesset jetzt hie mit mir Tantzen/
Ich schon nicht euwers geelen Harr:
Was seht jhr in den Spiegel clar?
Die Edelfraw.
0 Angst vnd noth wie ist mir b‘schehen/
Den Todt hab ich im Spiegel g‘sehen:
Mich hat erschreckt sein grewlich G‘stalt/
Daß mir das Hertz im Leib ist kalt.
Death to the Merchant.
Mister merchant let your striving
For time is come vou must be dying,
Death take's no good and no cash,
Therefore dance here with free courage.
Answer of the Merchant.
I for to life, provided well,
My chests and boxes were all full,
Death my fine gift has despisd,
And me of body and life deprivid.
Todt zum Kauffman.
HErr Kauffman lassen euwer werben/
Die zeit ist hie/ jhr muessen sterben:
Der Todt nimpt weder Gelt noch Gut:
Nun tantzen her mit freyem Muth.
Der Kauffman.
ICh hat mich zu leben versorgt wol/
Kysten vnd Kaesten waren voll/
Der Todt hat mein Gab verschmacht/
Vnd mich vmb Leib vnd Leben bracht.
Death to the Abbess.
Gracious lady abbess me!
What a small belly you have I see,
This I never would reproach ye,
Ere would I in my finger bite me.
Answer of the Abbess.
I have often read the psalter,
I the choir, before the altar,
Now no prayer will help me,
I must now follow death you see.
Todt zur Eptissin.
GNedige Fraw Eptissin rein/
Wie habt jhr so ein Beuchlein klein:
Doch wil ich euch das nicht verweissen/
Ich wolt mich eh in Finger beissen.
Die Eptissin:
ICh hab gelesen auß dem Psalter
In dem Chore vor dem Fronalter:
Nun will mich helffen hie kein betten/
Ich muß hie dem Todt auch nachtretten.
Death to the Cripple.
Upon your crunch, hopple this way,
For death now will you draw away,
As unworthy of the world thou be,
Still let me have a dance with thee.
Answer of the Cripple.
A poor cripple upon this earth
For a friend, is nobody worth,
But death now his friend will be
And take him like the rich you see.
Todt zum Krueppel.
HIncke auch her mit deiner Krucken/
Der Todt will dich jetzund hinzucken:
Du bist der Welt gantz vnwaerth sehr/
Komm auch an meinen Tantz hieher.
Der Krueppel.
EIn armer Krueppel hie auff Erd/
Zu einem Freundt ist niemandt waert:
Der Todt aber will sein Freundt syn/
Er nimpt jhn mit dem Reichen hin.
Kommentar
weiterlesen
Am Beispiel dieses Figurenpaars wird deutlich, dass man beim Blick auf historische Totentänze durchaus auch auf personelle Begriffsbezeichnungen stößt, die den seinerzeit üblichen Sprachgebrauch und die damit gültige Sprachkultur repräsentieren. So ist der Begriff „Krüppel“ zwar auch heute noch bekannt und in der Alltagssprache verankert, doch ist seine Verwendung negativ konnotiert, weshalb er vermieden werden sollte. So fällt unter „Krüppel“ längst nicht mehr allein ein Mensch mit einer Behinderung, sondern der Begriff findet ebenso in der Bezeichnung einer unbeliebten Person Verwendung, der damit völlig unberechtigt eine Behinderung zugesprochen wird. „Krüppel“ kommt also einem Schimpfwort gleich. Die darüber transportierten negativen Wertzuschreibungen liegen in einem prekären Umgang mit behinderten Menschen in früheren Jahrhunderten begründet. So galten Menschen mit Behinderungen bis weit in die Neuzeit als gesellschaftliche Außenseiter*innen, die oft ein Leben unter schwersten Bedingungen führten. Dies klingt auch im Dialogtext an, in dem der Tod den Krüppel als unwert für die Welt („unworthy of the world“) erklärt, sodass der Tanz mit ihm einer ganz besonderen Verlockung gleichkommt.
Death to the Hermit.
Brother come and leave thy cell,
Thy light I now extinguish well,
Therefore make thee on the way,
With thy white long beard I say.
Answer of the Hermit.
I have been a long time wearing:
A hairy gown now helps me nothing,
Am even not safe, in my cell,
The hour is come, t'his very well.
Todt zum Waldbruoder:
BRuder komm du auß deiner Clauß/
Halt still das Liecht loesch ich dir auß/
Drumb mach dich mit mir auff die Fahrt/
Mit deinem weissen langen Bart.
Der Waldbruoder.
ICh hab getragen lange zeit
Ein haerin Kleyd/ hilfft mich jetz nit:
Bin nicht sicher in meiner Clauß/
Die Stund ist hie/ mein G‘bett ist auß.
Death to the Youngman.
Youngman wither wils't thou walk,
Turn thee away, this is my talk,
There thou shal thy amour find,
This I anounce thee very kind.
Answer of the Youngman.
With gluttoning an banguetting,
At night in the streets to court and sing,
In this I had my joy and pleasure,
And never thought of my departure.
Todt zum Juengling:
Juengling wo wilt du hin spacieren/
Ein anderen Weg will ich dich fuehren/
Alda wirstu dein Bulschafft finden/
Das thu ich dir jetzund verkuenden.
Der Juengling:
MIt schlemmen/ demmen vnd mit prassen/
Des Nachts hofieren auff der Gassen/
Darinn hatt ich mein Muth vnd Frewd/
Gedacht wenig an den Abschied.
Death to the Usurer.
Thy gold and cash, I don't loo kon,
Thou usurer and wicked man,
Christ learn'd thee this not, by his word,
A black death now, is thy consort.
Answer of the Usurer.
Of the doctrine of Christ I car'd not much,
My usure brought me more than such,
Now must I all behind be leaving,
What help's my scraping and my sparing.
Todt zum Wucherer:
Dein Gold vnd Gelt sich ich nicht an/
Du Wucherer vnd qottloß Mann:
Christus hat dich das nicht gelehrt/
Ein schwarzer Todt ist dein Gefehrt.
Der Wucherer:
Ich fragt nicht veil nach Christi Lehr/
Mein Wucher der trug mir veil mehr:
Jetzt bleibt der Leiden all dahinden/
Was hilfft mein Schaben vnd mein Schinden.
Kommentar
weiterlesen
Der Begriff „Wucherer“ steht für eine Person, die eine bestimmte Leistung oder Waren zu einem stark überhöhten Gegenwert anbietet, um so den größtmöglichen Gewinn zu erzielen. In früheren Jahrhunderten war dieser Begriff jedoch vorrangig im Zusammenhang mit teuren Geldleihen gebräuchlich, die oft mit sogenanntem Zinswucher einhergingen. Im Mittelalter waren Zinsen verboten. Christ*innen, die mit Zins handelten und auf diese Weise Geld verdienten, galten als Sünder*innen. Allerdings ließ sich Zinshandel nicht wirklich vermeiden, weil sich der Bedarf an Kapitalerträgen innerhalb verschiedener Branchen immer mehr erhöhte. Diesem Bedarf wurde Abhilfe geschaffen, indem der Geldverleih Juden und Jüdinnen überstellt wurde. Sie galten als Ungläubige und waren deshalb vom Zinsverbot ausgenommen. Bei diesem Figurenpaar wird die Person des Wucherers nicht explizit als Jude ausgewiesen. Vielmehr geht es darum, die Übertretung eines göttlichen Gebots zu versinnbildlichen. Der Dialogtext untermauert dies, indem der Wucherer freimütig sein Desinteresse an Christi Lehr („doctrine of Christ“) bekennt. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht der gute Tod in heller Farbgebung, der sein Leben besiegelt, sondern der schwarz gefasste Tod, der für Pest und ewige Verdammnis steht.
Death to the Maid.
Ah maid your fine and rosy mouth
At this hour I take the colour out,
With young lads you likd to spring,
With me to dance this is the thing.
Answer of the Maid.
O woe! how terrible has thou me taken,
Of all spirit and joy, am I forsaker,
To dance I dont desire that's true
I fare away, adieu, adieu.
Todt zur Jungfrawen:
Ach Jungfraw euwer roter Mund
Wird bleich jetzund zu dieser Stund:
Ihr sprungen gern mit jungen Knaben/
Mit mir mußt jhr ein Vortanz haben.
Die Jungfraw:
0 Wee/ wie grewlich hast mich gfangen/
Mir ist all Muth vnd Frewd vergangen:
Zu tanzen glust mich nimmermeh/
Ich fahr dahin/ ade/ ade.
Death to the Fairpiper.
What a dance, shall we now play,
The beggar or the blackboy say?
Fairpiper we could not prance,
Were thou not by this dance.
Answer of the Fairpiper.
No fair was to distant for my to start,
Of which I should not have my part,
Now it is out away must I,
My pipe now in the dirt does lie.
Todt zum Kirbepfeiffer:
Was wölln wir fürein Tänzle haben/
Den Bettler oder schwarzen Knaben/
Mein Kirbehans/ Spiel wär nicht gantz/
Wärst du auch nicht an diesem Tantz.
Der Kirbepfeiffer:
Kein Kirb war mir Wegs halb zu weit/
Davon ich nicht hab bracht mein Beut:
Nun ists auß/ weg muß ich mit Noth/
Die Pfeiff ist g‘fallen mir ins Koth.
Death to the Herald.
Herald in thy fine red cap,
Thou are catchid in my trap,
By princes thou wast dear and worth,
Thy staff throw from thee, on the earth.
Answer of the Herald.
To the emperor I was dear and worth,
Of him I had presant and horse,
Many were frightned at my speaking.
Now death has findy stope'd my talking.
Todt zum Herold:
Herold in deiner roten Kappen/
Jetztmals muß ich dich auch erdappen:
Bey Fürsten warst du lieb vnd werth/
Dein Stab wirff von dir auff die Erd.
Der Herold:
Dem keyser war ich lieb vnd werth/
Von jhm hat ich Geschenck vnd Pferd:
Mein Reden hat manchen erschreckt/
Nun hat der Todt mein Schwätzen g‘legt.
Death to the Bailiff.
Up bailiff, this time, is just the right,
That soul and body, thogether fight,
This on my lute I do you sing,
And after this song, you may spring.
Answer of the Bailiff.
My charge with diligence I' vedone
And did I hope to nobody wrong,
At court, the poor as the rich,
O god! have mercy this I wish.
Todt zum Schultheiß:
Herr Schultheiß auff / dann es ist Zeit/
Daß Leib vnd Seel miteinander streit/
Das thu ich auff der Leyren singen/
Dem Liedlein mögen jhr nachspringen.
Der Schultheiß:
Mein Ampt hab ich mit Fleiß versehen/
Hoff es sey niemand vnrecht g‘schehen:
Am G‘richt dem Reichen wie dem Armen/
O Gott du wöllst dich mein erbarmen.
Death to the Sheriff.
Are you the bailiff of the blood.
Your fur cap, and red coat is good,
I dont care if you look so sour.
My sentence you w'ont break this hour.
Answer of the Sheriff.
In my charge I used no force,
What I did was servant like,
By me truly was d'one no wrong
Was called a bailiff of the kingdom.
Todt zum Blutvogt:
Sind jhr Herr Vogt vbers Blut/
Im roten Rock vnd im Beltzhut
Ihr sehen sawr/kehr mich nicht dran/
Mein Ortheil niemand brechen kan.
Der Blutvogt:
Im Ampt hab ich nicht braucht Gewalt/
Was ich thät/ war in Dieners G‘stalt:
Durch mich ist g‘schehen kein Ungleichs/
Drumb nennt man mich ein Vogt deß Reichs.
Death to the Fool.
Well harry, jump up with speed,
Tuck thy self up, let thee succeed,
Thy club, thou mayts quit at once,
Drive out thy sweat that will my dance.
Answer of the Fool.
O woe! I would rather carry woud,
And four times a day be beaten I should,
Of my master and his men,
Than to fight with this meager man.
Todt zum Narren:
Wolauff heyne du must jetzt springen/
Schùrtze dich auff vnd laß dir lingen:
Dein Kolben magst jetzt wol lan bleiben/
Mein tantz wird dir den Schweiß außtreiben.
Der Narr:
0 weh ich wolt gern Holtz aufftragen/
Vnd all Tag viermahl werden g‘schlagen:
Vom Herzen mein vnd seinen Knechten/
So muß ich mit dem Dùrrling fechten.
Death to the Mercer.
Welcom mercer thou penny friar
People cheater and street crier,
Thou must now go with me away
An other with your wares let play.
Answer of the Mercer.
Through the world I have been running,
And have taken various money
Many dolars and crowns I say,
O murder who will my debts nou pay.
Der Todt zum Krämer:
Wolher Krämer du Groscheneyer/
Du Leutb‘scheisser vnd Gassenschreyer/
Du must jetztmals mit mir darvon/
Dein Humpelkram eim andern lon.
Der Krämer:
Ich bin gezogen durch die Welt/
Vnd hab gelòßt allerley Gelt/
Viel Thaler/Müntz/Kronen vnd Gulden:
0 Mord/wer zahlt mir jetzt die Schulden.
Death to the Blindman.
Thy leader now I cut thee off,
Take care o'r in this grave thou'l dnop,
You poor, and old blind stock,
In thy bad and pached coat.
Answer of the Blindman.
A blindman is a poor man,
Who for his food no work do can
N'ere could I go without my hound,
God be praised, that my hour does sound.
Todt zum Blinden:
Dein Wegzeiger schneid ich dir ab/
Tritt sittlich fallt mir sonst ins Grab/
Du armer blinder alter Stock/
In deinem bòsen bletzten Rock.
Der blind Mann:
Ein blinder Mann ein armer Mann/
Sein Muß vnd Brot nicht g‘winnen kan/
Kòndt nicht ein Tritt gehn ohn mein Hund:
Gott sey g‘lobt/ daß hie ist die Stund
Death to the Jew.
Up, up! jew make thee on the road
For the messia thou tarryet to long
Christ whom you have murdered,
Was the right, you have long erred.
Answer of the Jew.
A rabby I was of the scripture
Drew of the bible but the poison,
I little did for messia care,
My mind for usure, and treasures were.
Todt zum Juden:
Hujum Jud/ mach dich auff die Fahrt/
Deins Messiae hast zu lang g‘wart:
Christum welchen jhr habt ermòrdt
War der recht/jhr habt lang gejrrt.
Der Jud:
Ein Rabi war ich der Geschrifft/
Zog auß der Bibel nur das Gifft:
Gar wenig nach Messiam tracht/
Hat mehr auff Schätz vnd Wucher acht.
Kommentar
weiterlesen
Bei den Figurenpaaren „Der Tod und der Jude“ und „Der Tod und der Heide“ wurden die Textstreifen von Herstellerseite versehentlich vertauscht.
Die Merkmale zur Kenntlichmachung der hier als „Jude“ dargestellten Person bestehen in der Art seiner Kleidung, insbesondere deren gelber Farbgebung. In der abendländischen Farbsymbolik war Gelb an sündhafte Eigenschaften geknüpft und somit negativ konnotiert. Bereits im 12. Jahrhundert wurden Juden und Jüdinnen dazu verpflichtet einen gelben Hut zu tragen – oft auch das Emblem eines gelben Rings, dem Vorläufer des gelben Judensterns –, um sie als Andersgläubige identifizieren zu können. Dass neben dem gelben Hut auch der Mantel der Figur Gelb ist, pointiert dies. Einschlägig markant ist außerdem der am Gürtel befestigte Geldbeutel, aus dem zahlreiche Münzen fallen. Mit diesem Detail wird nicht nur das schon seit vielen Jahrhunderten bestehende Stigma vom Juden als geschäftstüchtigem Geldverleiher und Wucherer bedient, sondern sogleich fortgeschrieben und gefördert. Die verhältnismäßig großen Hände sind dabei subtiler Ausdruck derselben Botschaft. Doch auch andere körperliche Gestaltungsmerkmale verweisen auf negative und diffamierende Wertzuschreibungen. Dazu gehört die rote Farbgebung von Bart und Haar, die in der Kunstgeschichte häufig Judas kennzeichneten, welcher als Verräter Jesu gilt und ihn dem Tod auslieferte. Dies greift auch der Dialogtext auf. Während der Tod dem Juden den Glauben an einen „falschen“ Messias vorwirft und des Mordes an Jesus bezichtigt, diskreditiert der Jude die Bibel als Gift („poison“) und bekennt sich zu seinen wahren Interessen: Wucher und Schätze („usure“/ “treasures“). Dem Juden werden somit Worte in den Mund gelegt, die vorherrschende Klischees und Stereotypen festigten und somit bis in die Gegenwart hineinreichenden Pauschalierungen Vorschub leisteten.
In der deutschsprachigen Serie des Zizenhausener Totentanzes ist der Dialogtext zwischen Tod und Jude übrigens ein anderer, unterscheidet sich jedoch nicht in der Botschaft.
Death to the Pagan.
Come false dog and wicked man,
Thy idole not assist thee can,
The devil has thou for god esteem'd
T was he that has thy prayers deem'd.
Answer of the Pagan.
Jupiter, Neptune, and Pluto
You high gods, will you let me go.
If you all three unmortell be
Saturn, have mercy upon me.
Todt zum Heyden:
Komm falscher Hund und gottloß Mann/
Dein Abgott dir nicht helffen kan/
Den Teuffel hast für Gott geehrt/
Derselb hat dein Gebet erhört.
Der Heyd:
Jupiter/Neptunus vnd Pluton/
Ihr höchsten Gött wöllt mich nicht lon:
Wann jhr all drey sind vnsterblich/
Saturnus wöllst erbarmen dich.
Kommentar
weiterlesen
Bei den Figurenpaaren „Der Tod und der Heide“ und „Der Tod und der Jude“ wurden die Textstreifen von Herstellerseite versehentlich vertauscht.
Die hier als „Heide“ bezeichnete Person, lässt sich als Seldschuk identifizieren. Dies erkennt man an der traditionellen roten Kleidung und der zugehörigen Mütze sowie dem typischen Krummschwert. Die Seldschuken waren eine türkische Dynastie, die ihre Hochzeit im 11. Jahrhundert hatte. Bereits unter dem ersten, halblegendären Herrscher Selǧuq konvertierten die Seldschuken zum Islam. Sie zählen zu den Sunniten.
Zur Entstehungszeit des Totentanzes wurden sämtliche Nichtchrist*innen als Heid*innen bezeichnet, weswegen die Erwähnung der römischen Götter im Dialogtext bei gleichzeitiger bildlicher Darstellung eines Muslims nicht zu verwundern braucht.
Der Tod bezeichnet den Heiden im Dialogtext als falschen und gottlosen Mann. Dies entspricht einer exklusivistischen, christlichen Haltung, wie sie in der Entstehungszeit des Zizenhausener Totentanzes noch durchaus existiert hat, längst aber überholt ist.
Death to the Paganness.
Well woman, I can well gripe,
A mourning song on my bagpipe,
Thou must dance after this man,
Tho thou d'oest all thy gods call on.
Answer of the Paganness.
Pallas, Juno, and Venus,
You goddesses will you leave me thus,
I now must die, therefore help my
No blessing for death, help's you see.
Todt zur Heydin:
Ich kan / Heydin / fein artig greiffen/
Ein Todtenlied auff der Sackpfeiffen/
Dem must nachtantzen wie dein Mann/
Ruoffest Du schon all Götter an.
Die Heydin:
Juno/ Venus vnd auch Pallas/
Euch Göttin labt erbarmen daß
Ich sterben muß / helfft mir auß Noth/
Kein Segen hilffet für den Todt.
Kommentar
weiterlesen
Die als „Heidin“ bezeichnete Person könnte aufgrund der Kleidung und des zugehörigen Dialogs zu den Sinti und Roma gehören. Für diese Ethnie gibt es in den mittelalterlichen Quellen verschiedenste Zuschreibungen, unter anderem „Heid*innen“.
Es würde ebenfalls zu dieser Annahme passen, dass die Sinti und Roma häufig als Spielleute auftraten und musizierten, denn der Tod erwähnt im Dialogtext, dass er ein Totenlied auf dem Dudelsack spielen möchte. Hier wird der bereits im Mittelalter verbreitete Antiziganismus dargestellt, da man die Sinti und Roma stereotypisch als fremd und musikalisch wahrnahm.
Die Sinti und Roma haben keine eigene Religion, sondern gehören verschiedenen Religionen an. Lediglich die Ahnenverehrung ist gruppenübergreifend von hinduistischen Strukturen geprägt.
Im Dialog der Heidin mit dem Tod werden römische Göttinnen erwähnt. Allgemein wurde zur Entstehungszeit des Zizenhausener Totentanzes die Bezeichnung „Heide“ oder „Heidin“ für alle Personen verwendet, die nicht dem christlichen Glauben angehörten. Diese Bezeichnung ist in der heutigen Zeit überholt.
Death to the Cook.
Come here John cooc, thou must now go,
Thou are so fat, thou canst not go,
Hast thou been cooking to this hour,
Much sweet meats, now they will be sour.
Answer of the Cook.
I have cookd, chiken, gees and fish,
For my lords table many a dish,
Marchpan, venison und pie
O woe my belly I must die.
Todt zum Koch:
Komm her Hans Koch du must darvon/
Wie bist so feist / du kanst kaum gohn:
Hast du schon kocht viel süsser Schleck/
Wird dir jetzt sawr/du must hinweg.
Der Koch:
Ich hab kocht Hüner / Gäntz vnd Fisch
Meim Herren vielmal vber Tisch/
Wildbrätt / Pastet vnd Marzipan:
0 weh meins Bauchs/ich muß darvon.
Death to the Clown.
Every day thou hadt labour great
Continually, soon and late,
Thy burthen, I take upon my word
Give me thy basquet flail & swond
Answer of the Clown.
O terrible death my hat give me,
My labour no more troubles me
Which all my time of life I had
To drag me so, is wery bad.
Todt zum Bawren:
Du hast g‘habt dem tag Arbeit groß/
Früh vnd spathe ohn vnterloß/
Dein Bürde wil ich dir abheben/
Korb/Flegel/Dägen thu mir geben.
Der Bawr:
0 Grimmer Todt gib mir mein Hut/
Mein Arbeit mir nicht mehr weh thut/
Die ich mein Tag je hab gethan/
Was zeihst mich armen alten Mann:
Adam & Eva.
See here the miror of allworld
Who therefore is presented us.
That we the beginning middle & end
Attentive consider with speed.
The beginning in paradise,
Was glorious, full of honour and praise
There of, followed, soon the fall,
And drew us in this, callamity all.
Adam & Eva
Seht hie der Spiegel aller Welt/
Der uns darumb wird fürgestellt/
Daß wir Anfang / Mittel und End/
Betrachten fleissig und behend.
Der Anfang in dem Paradeiß/
Was herzlich / voll Lob / Ehr und Preiß:
Darauff folgt bald der leidig Fahl/
Und stürzt uns in solch Jammerthal.
DAs die mir sonsten solten seyn/
Unsterblich / schoen und Engelrein:
Die wir auch uber groß und klein/
Der G‘schöpffen GOttes in gemein.
Solten herrschen vernünfftiglich/
Und alles besizen ewiglich/
Sind leyder Gott erbarms zumahl/
In Suend verderbt ohn Maß und Zahl.
Die Kron und Scepter war verlorn/
Vnd sahen nichts dann GOttes Zorn/
Darauff der grausam Todt sog‘schwind/
Erwürget alle Menschen˜Kind.
All‘s was da lebt gleich wie das Kraut/
Mit seiner Sensen nieder hawt/
Niemand so groß und herrlich war/
Dem er nicht fasste bey dem Harr.
Und schleusst ihn in das Grab hinein/
Da muß eins jeden Tanzplaz seyn/
Nun aber ist der Todt auch g‘storben/
Und haben wir den Sieg erworben.
Durch Christi Todt und Höllenfahrt/
Der unser jezt im Himmel wart/
Und ist der Todt in Schlaff verkehrt/
Der uns nun willkomm lieb und werth
Mit stiller Stund / gehn wir zu Grund
Betrachtung der Sterblichkeit/
Besserung deß Lebens /
und stand haffte Beharrung in allem
gutem Biß ans End
Kommentar
weiterlesen
Adam und Eva stehen im christlichen Weltbild des Mittelalters für den Anfang der Menschheit. Im Paradies gibt es keinen Tod. Erst durch den von diesem Figurenpaar dargestellten Sündenfall, also dem Essen einer Frucht vom Baum der Erkenntnis und infolge dessen der Erkenntnis von Gut und Böse, kam der Tod ins Leben der Menschen und machte somit erst den Totentanz möglich. Dies wird auch im Text auf der rechten Seite beschrieben.
Diese biblischen Erzählungen sind Versuche, sich die Welt zur Entstehungszeit der Bibel zu erklären und keine historischen Berichte.
Death to the Painter.
John Hug Klauber leave painting off,
We now will once away,
Thy art, pain, labour help's the not
Fate falls thee like others I say
Hast thou terribly painted me
With wife and child wils't also be.
All time have god before your eyes
And now trow ruler and pensel a side.
Answer of the Painter.
My god thou wils't assist me,
Whilst now I must away;
My soul in thy hand, I recomend,
When the hour comes, of my end;
And death my soul does outdrive,
I hope my memory, will remaim
As long as this work shall stay
God bless you I fare away.
Todt zum Maler:
Hans Hug Klauber laß Malen stohn/
Wir wöllen auch jetztmals darvon:
Dein Kunst/ Müh/ Arbeit hilfft dich nit/
Wann es geht dir wie ander Leut:
Hastu schon grewlich g‘macht mein Leib/
Wirst auch so g‘stalt mit Kind vnd Weib:
Hab GOTT vor Augen allezeit/
Wirff Bensel hin sampt dem Richtscheit.
Der Maler
Mein GOtt du wollest bey mir stohn/
Die weil ich auch muß jezt darvon:
Mein Seel befehl ich in dein Hand/
Wann die Stund kompt zu meinem End:
Und der todt mir mein Seel außtreibt/.
Verhoff doch mein Gedaechtnuß bleibt/
So lang man diß Werck haltet schon:
Behütt euch GOtt ich fahr darvon.
Death to the Painters Wife.
What mistress are you mourning so
Aftre your child with your cradel must go
For now you will me not escape
Therefore I draw off your hat.
Answer of the Painters Wife.
I have ever been addictet
To death, will be no more afflicted
However death, takes hold of me
Takes me with child and man you see.
Todt zur Maleri:
Ach Fräwlein lassen ewer Klagen/
Tantzen dem Kind nach mit der Waglen:
Dann jhr möcht mir hie nicht entfliehen/
Den Gasthut wil ich euch abziehen.
Die Maleri:
Ich hab mich allezeit ergeben
In Todt/ hoff aber ewigs Leben:
Wiewol der Todt mich greifft hart an.
Nimpt mich mit Kind/vnd sampt dem Mann
Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V.
Zentralinstitut für Sepulkralkultur
Museum für Sepulkralkultur
Weinbergstraße 25–27
D-34117 Kassel | Germany
Tel. +49 (0)561 918 93-0
info@sepulkralmuseum.de