Flipper "Addams Family"

Let's play!

Flipper „Addams Family“
Spielautomat, 1992

Wer in die Kulturgeschichte von Spiel und Spielen eintaucht, stellt schnell fest, dass der Tod auch dort allgegenwärtig ist. Dies mag auf den ersten Blick verwundern, auf den zweiten schon nicht mehr; denn rein definitorisch ist Spiel eine „von unseren festgelegten Wirklichkeitsvorstellungen abweichende Erscheinung, indem es die Wirklichkeit simuliert, ohne sie ganz zu erreichen.“1 Da das Spiel sich also grundsätzlich auf die Wirklichkeit bezieht und der Tod in der Wirklichkeit eine feste, unumgängliche Größe bildet, muss er sich unweigerlich auch in der gespielten Wirklichkeit wiederfinden – in diesem Fall als simulierter Tod. Der simulierte Tod kann im Spiel auf verschiedenen Darstellungs- und Bedeutungsebenen stattfinden, etwa im Rollenspiel in Form des Todes der Spielfigur oder im Sinne von „Sieg“ und „Niederlage“. Game over und Win  sind die beiden möglichen Ausgänge beinahe jeder Spielform – etwa auch vielen Gesellschaftsspielen. Am augenfälligsten tritt die Affinität von Spiel und Tod im Automaten- oder im Computerspiel zutage, weil hier viele Spiele „Krieg“ oder „kriegerische Auseinandersetzungen“ zum Inhalt haben und „Leben“ und „Tod“ mittels „Gewinnen“ und „Verlieren“ virtuell vorführen. Wenn zum Schluss noch der Hinweis Game over aufscheint oder gar blinkt, ist die Niederlage und damit der simulierte Tod für mindestens einen*r Spielteilnehmer*in auch sprachlich-metaphorisch besiegelt.

Flipper
Flipper "Addams Family"
Foto: Frank Hellwig
© Museum für Sepulkralkultur, Kassel, Bildarchiv

Zu den begehrten Automaten-Spielen gehörten über viele Jahrzehnte die Flipper. Ihre Faszination bestand darin, dass sie unterhaltende Inhalte boten und man beim Kampf gegen den Flipper oder auch gegen andere Mitspieler*innen die eigene Geschicklichkeit unter Beweis stellen musste. Solche Automaten waren oft im gastronomischen Bereich aufgestellt waren, sodass damit ein weiterer Spielanreiz gegeben war, nicht zuletzt aufgrund des „Geselligkeitsfaktors“. Und weil immer auch die Möglichkeit bestand, als Bonus eine unentgeltliche Spielrunde zu erkämpfen. Auch das Museum für Sepulkralkultur besitzt in seiner Sammlung einen Flipper-Automaten. Anlass für dessen Erwerb bot die 2002 gezeigte Sonderausstellung „Game over – Spiele, Tod und Jenseits“. Neben zahlreichen historischen Spielautomaten verschiedener Leihgeber*innen war die Ausstellung außerdem mit dem seinerzeit erworbenen Flipper „The Addams Family“ bestückt. Hier geht es allerdings im Gegensatz zu vielen anderen Automaten- oder Computerspielen nicht um ein virtuelles Kampf-oder Kriegsspiel, sondern um eine heitere, nahezu sympathische Morbidität. Hinter der „Addams Family“ verbirgt sich eine exzentrische Familie, die großes Vergnügen an grotesken und makaberen Dingen hat, sich ihres bizarren Tuns und morbiden Humors – im Vergleich zu anderen „normalen Menschen“ – jedoch nicht bewusst ist. Die „Addams Family“ ist ursprünglich als Cartoon geschaffen worden und erfreute sich in den 1930er-Jahren in amerikanischen Magazinen großer Beliebtheit. In den 1960er-Jahren entstand daraus eine Fernsehserie, die mit drei in den 1990er-Jahren gedrehten Kinofilmen eine nochmalige Aufwertung erfuhr. Die Kinofilme lieferten auch die grafische Vorlage für besagten Flipper-Automaten. Insgesamt hat das Flipper-Spiel jedoch seit Mitte der 1990er-Jahren deutlich an Beliebtheit eingebüßt. Hauptgrund dafür ist das Computer-Spiel, das längst über hervorragende Bildschirm-Grafiken verfügt und somit äußerst attraktive Spielwelten bietet – diese wirken bei aller Fiktion nahezu real-authentisch. Vor diesem Hintergrund kann sich das Museum für Sepulkralkultur glücklich schätzen, ein Relikt aus der „Epoche des Automatenspiels“ sein eigen nennen zu können, zumal der Addams-Family-Flipper in Sammler*innenkreisen bis heute zu den begehrtesten Spielautomaten zählt.

1 Jürgen Fritz: Theorie und Pädagogik des Spiels. Eine praxisorientierte Einführung. Weinheim/München 1992, S. 13

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