Vanitas-Stillleben

Wir werden alle sterben

Vanitas-Stillleben, niederländisch, um 1700
Öl auf Leinwand; 41 x 49,5 cm (ohne Rahmen)
Stiftung der Sparkassen-Kulturstiftung

Zu allen Zeiten fürchteten sich viele Menschen vor dem Sterben und vor dem Tod. Der Tod selbst war aufgrund seiner Unausweichlichkeit aber immer auch etwas äußerst faszinierendes. Eine solche scheinbar widersprüchliche Haltung spiegelt sich recht eindrucksvoll in den Vanitas-Stillleben des 17. Jahrhunderts, der der Blütezeit jenes Sujets. Vanitas, lateinisch für Eitelkeit und Vergänglichkeit, sollte daran erinnern, dass man dem Tod nicht entrinnen kann und dass das Sterben gewiss ist. Diese Aussage war noch besser bekannt unter „Memento mori!“ (Gedenke des Todes!). Um diesen Gedanken immer präsent zu haben, wurde er auch auf Alltagsgegenstände übertragen. Besonders häufig tauchte dabei das Motiv des Totenschädels auf. Er wurde in Objekte des täglichen Gebrauchs eingearbeitet, aufgemalt oder eingeschnitzt, sodass man ihn oft vor Augen hatte und sich seine kurze irdische Existenz bewusst machte. Vanitas-Stillleben hängte man sich durchaus im eigenen Haus auf. Man begriff sie weniger als Kunst, denn als Mahnung und Erinnerung an den eigenen Tod.

Vanitas-Stillleben, niederländisch, um 1700
Vanitas-Stillleben, niederländisch, um 1700
Foto: Frank Hellwig
© Museum für Sepulkralkultur, Kassel, Bildarchiv

Das Vanitas-Stillleben aus der Sammlung des Museums für Sepulkralkultur zeigt neben anderen Exponaten einige andere wichtige Symbole des Memento mori-Gedankens. Auf einem Tisch steht eine fast vollständig abgebrannte, erloschene Kerze. Daneben befindet sich eine mit Seifenwasser gefüllte Schale, die den vergänglichen Wohlstand symbolisiert. Auf dem Tisch stehen auch Ähren. Sie mögen uns an Vitalität, Fruchtbarkeit und Lebenskraft erinnern, aber indem sie gebeugt sind, symbolisieren sie wiederum den unvermeidlichen Tod. Neben dem Schädel schweben ein paar Seifenblasen. Sie illustrieren die Idee der Vergänglichkeit besonders gut, denn sie schimmern noch im Licht und spiegeln das bunte Leben wider - aber sie werden bald zerplatzen. Weitere beliebte Vanitas-Symbole in der Kunst der Frühen Neuzeit waren Obstschalen und Blumensträuße mit ersten Verfallserscheinungen, (Sand-)Uhren, die das Verstreichen der Zeit symbolisieren, Musikinstrumente, deren Töne so schnell verklingen – in diesem Sinne auch Notenblätter –, umgestürzte Gläser, Spiegel, getrocknete Brotlaibe, Bücher und so weiter. Gelegentlich wurden diese Symbole mit Bildunterschriften versehen. Ein Beispiel dafür ist das Gemälde "Vanitasallegorie" von Jacques de Gheyn II. (um 1565-1629) mit der Inschrift: "servare modum, finemque tueri, naturam sequi" (Halte den Takt, bedenke das Ende und folge der Natur). Der Beobachter wird ermahnt, das Leben unter Beachtung christlicher und ethisch-moralischer Werte zu genießen und die eigene Vergänglichkeit nicht zu vergessen. Man ist aufgerufen, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen und ihn als Teil des ewigen Kreislaufs und damit als etwas Unvermeidliches zu akzeptieren.
Das 17. Jahrhundert war die Blütezeit des Vanitas-Stilllebens, das sich zu einer eigenen Gattung entwickelte. Aber auch danach finden sich noch verschiedene vergängliche Motive auf Alltagsgegenständen und in der Kunst. Obwohl die Warnung des Memento mori zu Beginn des 19. Jahrhunderts stark an Bedeutung verlor, ist sie heute nicht ganz verschwunden, findet sich noch gelegentlich auf Grabsteinen oder in Nachrufen sowie in Kunst und Film.

Julia Thomalla

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