10. Juni 2017 – 17. September 2017
Zum ersten Mal seit Eröffnung 1992 war das Museum für Sepulkralkultur einer der Standorte der documenta. Die Beiträge der documenta 14 wurden von einem der Kuratoren, Pierre Bal-Blanc, lose in die Sammlung integriert und zeigten künstlerische Arbeiten und Archivdokumente von neun documenta-Teilnehmer*innen, die „den Körper als Instrument und als Register inszenieren, als Ursache und als Wirkung, als eine Möglichkeit, sich auf die Geschichte zu berufen, oder als Möglichkeit, sie in Gang zu setzen, als Mittel der Unterdrückung oder als Zeichen der Unterdrückten.“
Auf drei Ebenen des Museums für Sepulkralkultur ließen sich von Juni bis September 2017 Beiträge zur documenta 14 bestaunen, so auch die des Künstlerduos Prinz Gholam. Prinz Gholam setzt sich zusammen aus dem Deutschen Wolfgang Prinz (*1969) und dem gebürtigen Libanesen Michel Gholam (*1963), die sich 1993 während ihres Studiums an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe kennen lernten und seit 2001 zusammenarbeiten. Möglich gemacht werde ihre Art der Arbeit, nach Aussage der Künstler, durch eine Interdependenz und eine symbiosenhafte Beziehung der beiden. Einen großen Teil ihres Werkverzeichnisses machen die zahlreichen Performances aus, die immer nach einem ähnlichen Schema ablaufen und vielfach filmisch festgehalten werden. Die beiden Künstler nehmen, einer Choreografie gleich, immer neue Körperhaltungen an, und zwar solche, die sie durch ihre intensive Beschäftigung mit Kunstwerken und auch neueren Medien verinnerlicht zu haben scheinen.
Zwei Veranstaltungen im Kontext der documenta hatten neben dem Ereignis vor Ort auch multiplikatorische Effekte, die in diesem Fall konkret bis zu unseren Antipoden in Australien reichten. Anfang September war der Australia Art Council zu Gast im Museum für Sepulkralkultur. Nach einem zweitägigen Rundgang über die documenta 14 fand im Museum für Sepulkralkultur ein abschließender Empfang der australischen Regierung für 45 Mitglieder und Gäste des Australia Art Council statt. Der „Australische Kunst-Rat“ ist, vergleichbar mit unserer Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, für die staatliche Förderung von Kunst und Kultur im In- und Ausland zuständig.
Am letzten documenta-Wochenende war der australische Forscher John Heath zu Gast. Er ist ein zeitgenössisches Mitglied der indigenen Gemeinschaft der Birpai und sprach über seinen documenta-Beitrag im Museum für Sepulkralkultur mit Archivmaterialien und Originalfotografien aus den 1910er-Jahren von Thomas Dick. Der Titel seines Vortrags lautete: „Black and White Perspectives of the Thomas Dick Photographic Collection.“ Die Fotografien Thomas Dicks zeigten inszenierte Situationen aus dem Leben der Aborigines, wie dieser es sich für die Zeit vor der Kolonialisierung vorstellte. John Heath hat in den vergangenen Jahrzehnten, ausgehend davon, dass er unter den abgebildeten Aborigines mehrere Mitglieder seiner Familie entdeckte, Thomas Dicks Werk erforscht. Dicks Fotografien zeigen anonyme Menschen, John Heath gab ihnen in seinem Vortrag ihre Namen zurück, erzählte ihre Lebensgeschichten und von ihren Nachkommen und lässt ihnen somit den gebührenden Respekt widerfahren. Zwischen inszenierter Geschichte und zeitgenössischen australischen Realitäten entspann sich ein lebendiger Dialog. Zu erfahren war unter vielem anderen, dass das letzte Massaker an den australischen Aborigines noch keine 100 Jahre her ist (1929).Documenta 14 –Kurator, Pierre Bal-Blanc, führte am 15. September durch den durchweg spannenden und bewegenden Abend mit rund 75 Besucher*innen.
Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V.
Zentralinstitut für Sepulkralkultur
Museum für Sepulkralkultur
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