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3. Mai 2023
Wer nimmt eigentlich von den Menschen Abschied, die keine Angehörigen oder Freunde haben? Eine Antwort auf diese Frage gab es jetzt im Museum für Sepulkralkultur mit der Veranstaltung "ANSEHEN – Gedenkfeier für einsam Verstorbene". Heilhaus Kassel, die Evangelische Kirche in Kassel und das Museum für Sepulkralkultur hatten sich in Kooperation mit der Stadt Kassel zusammengetan, um durch ein gemeinsames Ritual diejenigen im Gedenken wieder in den Kreis der Gesellschaft zu holen, die zu Lebzeiten und in ihrem Tod aus diesem herausgefallen sind.
„Die Gedenkfeier will ein Ansehen der Ungesehenen bewirken, indem wir als Gemeinschaft auf das schauen, was uns verloren ging“, sagt Museumsdirektor Dr. Dirk Pörschmann. Jedes Jahr sterben mehrere Dutzend Menschen in unserer Stadt Kassel, ohne dass Angehörige sie aus dem Leben begleiten oder sich um ihre Bestattung kümmern. Die Zahl der Ordnungsamtsbeisetzungen hat in den vergangenen Jahrzehnten stetig zugenommen, weil immer mehr Menschen keine Angehörigen haben. Die Organisation der sogenannten Letzten Dinge wird zu einem Akt, den die Kommune zu bewältigen hat.
So wurden am Samstag, den 29. April 2023 insgesamt 60 Namen vorgelesen – von 60 Menschen im Alter von neugeboren bis 91 Jahre, die vergangenes Jahr gestorben sind. Sie alle wurden vom Ordnungsamt der Stadt Kassel beigesetzt. Das passiert jeden dritten Mittwoch im Monat um 11 Uhr auf dem Hauptfriedhof. „Wer hier verstirbt, hat das Recht, hier beigesetzt zu werden“, sagt Dirk Stoll, Pfarrer für Bestattungskultur im Stadtkirchenkreis Kassel, der sich um die Beisetzung kümmert. Er hält eine Ansprache, trägt einen Bibelvers vor, dann geht es zu einer Stelle auf dem Friedhof, wo die Urnen der Verstorbenen anonym in einer Reihe beigesetzt werden. Begleitet wird das Ritual von einer Mitarbeiterin des Hospizvereins. Hin und wieder kommen Besucher*innen hinzu, um die Beisetzung zu begleiten.
Zu der Gedenkfeier im Museum kamen weit mehr als hundert Besucher*innen. Sie nahmen auf kreisförmig angeordneten Stuhlreihen Platz, in deren Mitte eine Spirale aus Teelichtern aufgebaut war – 60 Lichter und eine große Kerze, für die einsam Verstorbenen, deren Name nicht bekannt wurde. Musikalisch begleitet wurde der Abend von Klaus-Dieter Ammerbach und Nicole King am Fagott und Regine von Lühmann an der Harfe. Die Namen der Verstorbenen wurden in Blöcken gelesen von Bürgermeisterin Ilona Friedrich, Stadtdekan Dr. Michael Glöckner, Viviane Clauss und Gerhard Paul (Heilhaus) und Dirk Pörschmann, der, wie Katrin Jahns von der Evangelischen Kirche in Kassel zudem einen lyrischen Text vorlas. Anschließend kamen die Besucher*innen in der Cafeteria des Museums für einen Austausch zusammen.
Die Liste mit Namen und Alter der Verstorbenen hatte das Ordnungsamt der Stadt Kassel zur Verfügung gestellt. Der Großteil der Menschen war älter als 60 Jahre, die meisten von ihnen männlich. Dirk Pörschmann führt das zurück auf die mangelnde kommunikative Fähigkeit von Männern, auch im hohen Alter, vielleicht nach dem Tod der Ehefrau, mit anderen Menschen in Kontakt zu bleiben. „Viele Menschen landen beruflich in einer ihnen fremden Gegend und haben dort dann keine Angehörige, die sich um die Bestattung kümmern können.“ (Dirk Stoll)
Es könne ein Trost sein, so Pörschmann, zu Lebzeiten zu wissen, dass es diese Gedenkfeier für einsam Verstorbene gebe. In anderen deutschen Städten gibt es bereits ähnliche Formate. Die Initiative, eine Gedenkfeier für einsam Verstorbene zu organisieren, kam in Kassel vom Heilhaus. Die Evangelische Kirche in Kassel und das Museum für Sepulkralkultur schlossen sich an. In den kommenden Jahren wird die Gedenkfeier an unterschiedlichen Orten der aktuellen und zukünftigen Kooperationspartnern organisiert werden. Im April 2024 soll die Gedenkfeier im Heilhaus stattfinden.
Anna Lischper
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Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V.
Zentralinstitut für Sepulkralkultur
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